Videos bearbeiten: Mit Smartphone oder PC?
Schülerinnen und Schüler würden am liebsten alle digitalen Arbeiten irgendwie mit coolen Smartphone-Apps erledigen. So kommt von Lehrpersonen-Seite auch immer wieder die Frage auf, ob man dies zulassen soll (sofern Smartphones in der Schule erlaubt sind) oder ob man besser mit einer Software wie Olive oder ähnlichen Programmen für die Schule auf einem Laptop/PC arbeitet.
Gegen den Einsatz von Handy-Apps ist grundsätzlich nichts einzuwenden: Das einfachste Tool, welches eine bestimmte Aufgabe erfüllt, ist oft das am besten geeignete. Die Frage ist nur: Was ist die Aufgabe? Welche Ziele will ich erreichen, welche Kompetenzen fördern?
Wenn es nur darum geht, ein kurzes Video zu Dokumentationszwecken aufzunehmen und zu bearbeiten, ohne grosse Ansprüche an gestalterische Qualität und medienbildnerische Ziele, dann darf ruhig mit einer Smartphone-App gearbeitet werden. Die Bedienung ist intuitiv, und man kann wenig falsch machen. Für kurze dokumentarische Aufnahmen z.B. im Sport oder auf einer Biologie-Exkursion reicht das vollkommen aus. Da die Videoclips meist sowieso mit dem Smartphone aufgenommen werden, ist der Zugang zum Rohmaterial direkt und einfach.
Einiges spricht allerdings gegen den Einsatz von Apps auf dem Smartphone für die Videobearbeitung:
- Kleiner Bildschirm, der die Übersicht und die Beurteilung der Aufnahmen erschwert.
- Präzises Schneiden per Touchscreen ist schwierig.
- Für Gruppenarbeiten nicht geeignet: Ein*e Schüler*in übernimmt die Schneidarbeit, die anderen können kaum beteiligt werden. Wer sich schon auskennt, wird besser, und die anderen lernen nichts dazu.
- Smartphones sind oft in Schulen nicht erlaubt. Zugang zu offenem Schul-WLAN oft nicht möglich.
- Hoher Automationsgrad: Mit drei Klicks zum fertigen Film, mit Effekten und Titel/Abspann, die nur noch angepasst werden müssen. Bewusste Gestaltung und Kreativität bleiben auf der Strecke.
- Das Smartphone als Statussymbol sollte in der Schule nicht gefördert werden. («Ich habe das neueste XXY, das ist besser als eure Handys, damit kann man Videos schneiden.»)
Wenn aber die Medienbildung gewichtet werden soll, dann geht es um mehr: Es sollen Grundlagen vermittelt werden in den Bereichen Medienproduktion und -Gestaltung. Dies betrifft die Aufnahme von Videosequenzen (Einstellungsgrössen, Perspektiven, Kamerabewegung, usw.), aber auch Gestaltungsmittel wie Schnitt (Anschlussschnitt, Schuss – Gegenschuss, usw.), Übergänge (Jump Cut, Überblendungen, …), Zeitlupe und Zeitraffer usw. Dazu kommt die Gestaltung durch Geräusche und Musik. Anspruchsvollere Schnittarbeit ist deshalb oft auf mehrere Video- und Tonspuren angewiesen. Dies bieten Smartphone-Apps kaum.
Die Bildschirmgrösse und die Leistungsfähigkeit des Computers sind weitere entscheidende Vorteile gegenüber dem Smartphone. Die Gruppe kann sich an der Schnittarbeit zumindest gestalterisch beteiligen, der Prozess ist für alle einsehbar. Wenn der Computer an einem interaktiven Grossbildschirm angeschlossen wird, dann kann der Prozess der Postproduktion eines Videos noch öffentlicher und für alle sichtbarer gemacht werden. Wenn auch eine Touch-Funktion zur Verfügung steht, dann ist man schon nahe am «iPhone-Feeling» bei der Bedienung, und alle können sich aktiver beteiligen.
Aber auch medienpädagogische Aspekte können am Computer besser vermittelt werden als am Smartphone. So ist es medienpädagogisch wenig lehrreich, wenn man einfach Musik einsetzt, welche eine App zur Verfügung stellt. Sinnvoller ist es, sich mit dem Thema Musik, Eigentum und Lizenzen auseinanderzusetzen, entsprechendes Material zu suchen (z.B. CC-lizenziertes Material), einzusetzen und entsprechende Angaben im Abspann anzufügen.
Schlussendlich hilft die Arbeit am Computer auch beim Anschluss an allfällige spätere Videoarbeiten in der Berufsschule oder im Studium. Die Videoprogramme, welche wir für die Schule empfehlen, sind vereinfachte Versionen von hochwertigen Programmen wie Premiere (Pro) von Adobe oder Final Cut von Apple.
Abschliessend noch eine Bemerkung zu Videoaufnahmen mit dem Handy: Leider wird auf Smartphones oft im Hochformat aufgenommen – dies passt nur, wenn man die Filme auch ausschliesslich auf dem Handy anschaut. Für querformatige Bildschirme, die unserem natürlichen Sehfeld entsprechen, ist Querformat sinnvoll. Auch empfiehlt sich die Verwendung eines Stativs (mit spezieller Handyhalterung). Dies führt dazu, dass sich die Schülerinnen und Schüler wesentlich mehr Zeit für die Gestaltung der Aufnahmen nehmen, vor der Aufnahme Ausschnitt, Perspektive und Einstellungsgrösse besser beurteilen können und die Aufnahmen natürlich ruhiger und dadurch qualitativ besser werden. Auch sind mehrere Varianten eines Videoclips besser reproduzierbar und vergleichbar.